Bericht vom Infernum-Tag beim Fraunhofer-Institut UMSICHT in Oberhausen

Thema des Infernum-Tages am 9.Juni 2018 war die Bewertung der Digitalisierung als Chance für mehr Nachhaltigkeit. Professor Dr. Tilman Santarius von der TU Berlin stellte in seinem Eingangsvortrag die Frage, ob die Digitalisierung Beiträge zur Bewältigung des Klimawandels, des Wassermangels und des Landverbrauchs leisten könnte. Er analysierte zunächst, dass heute bereits 8 % des weltweiten Stromverbrauchs für das Internet benötigt werde. Da heutige Smartphones nur eine Nutzungsdauer von etwa zwei Jahren haben, türmen sich weltweit die Elektroschrott-Berge auf und dies bei einer Recyclingquote von weniger als 2 %. Die Digitalisierung kann zu einer Dematerialisierung beim Konsum führen. Als Beispiel nannte er die Möglichkeit, Musik und Videos aus dem Internet zu streamen, nicht mehr als DVD zu kaufen oder zu leihen. Dennoch sei die digitale Effizienz wichtig, das heißt Endgeräte energiesparend zu produzieren. Er plädierte dafür, die Digitalisierung intelligent und anwendungsbezogen einzusetzen. Für den Bereich des Konsums nannte er Möglichkeiten von sozialen Innovationen wie dem Sharing von Autos und die intelligente Nutzung von hochwertigen Konsumgütern, die nicht mehr selbst besessen werden müssen. Dem steht als Risiko immer gegenüber, dass die Digitalisierung nur zu einer weiteren Konsumssteigerung führen könnte.

Ein ganz eminent wichtiger Bereich ist der konsequente Datenschutz. Hier gilt es stärkere Richtlinien zum Datenschutz und des Dateneigentums zu schaffen. Professor Dr. Santarius kommt zu dem Fazit, dass es wichtig sei die Digitalisierung zu gestalten und gesetzliche Rahmenbedingungen zu setzen.

 

Dr. Daniel Kiel (Universität Erlangen-Nürnberg) wies in seinem Vortrag auf die Chancen der Digitalisierung zur besseren Ausnutzung der eingesetzten Ressourcen, einer genauen Produktion mit Hinblick auf den Endkunden, die auch Individualisierung von Produkten zulassen könnte, hin. Er definierte die Nachhaltigkeit als Ausgleich zwischen Ökonomie, Ökologie und sozialen Belangen. Er vertrat die These, dass die Digitalisierung zum einen Arbeitsplätze vernichten würde aber auch neue schaffen würde. Wie sich dies in der Gesamtbilanz darstellen würde, ließ er jedoch offen. Er ließ auch offen, ob die Digitalisierung nicht insgesamt nur zu einer Konsumsteigerung führen könnte, die dann die Effekte der Effizienzsteigerung mehr als aufzehren könnte.

 

Professor Dr. Görge Deerberg (UMSICHT) ging in seinem Vortrag darauf ein, wie die Digitalisierung am Beispiel der autonomen Mobilität aussehen könnte. Es seien weniger Unfälle und ein geringerer Energieverbrauch zu erwarten. Arbeitsplätze in Werkstätten und den Autohäusern würden verschwinden. Die Nutzungsdauer des Pkws würde enorm steigen und für eine bessere Effizienz sorgen. Der Einsatz digitaler Endgeräte wie Fitness-Apps könnte wichtige Tipps geben aber auch zu einer Kontrolle der Person führen. Die Selbststeuerung könnte daher auch zu einer Fernsteuerung werden. Einen Schwerpunkt seines Vortrags bildeten auch Szenarien zum Einsatz von künstlicher Intelligenz, die mit ihren ausgefeilten Algorithmen viele Fragestellungen schneller und besser lösen, als menschliche Entscheidungen dies könnten. Er stellte die Frage, wie lange es noch dauert bis sie uns überlegen sei.

 

In der anschließenden Diskussion konnten diese Ansätze weiter vertieft werden. Leider kamen die Fragen des Publikums etwas zu kurz.

 

Nach der Mittagspause gab es eine Institutsführung durch das Fraunhofer-Institut UMSICHT. Professor Dr. Deerberg demonstrierte ein Projekt zur energetischen Nutzung von Stroh. Es konnte mittels Pyrolyse daraus Öl und Koks hergestellt werden. Ein weiteres Projekt befasst sich mit der bisher sehr viel Wasser verbrauchenden Ledergerbung. Wasser wird durch flüssiges Kohlendioxid bei 30 bar ersetzt. So kann nahezu auf die Zugabe von Wasser verzichtet werden.

 

Die gelungene und überaus informative Veranstaltung endete mit der Auszeichnung der besten Infernumabsolventen der Jahre 2016 und 2017. Die Videos der Vorträge werden auf dem Youtube-Channel des Studienganges verfügbar sein.

 

Der BV Umwelt war auf der Tagung mit einem Infostand vertreten und verteilte seinen neuen Info-Flyer. India Chahbari, Jörg Drewenskus und Bernhard Demel konnten zahlreiche Kontakte zu Studenten und Verantwortlichen des infernum-Studienganges knüpfen. Wir wollen die Kontakte weiter ausbauen und streben eine weitergehende Zusammenarbeit an.

Unsere Vertreter beim Infernum-Tag im Gespräch

Foto: Jörg Drewenskus
Während der Veranstaltung wurde mehrfach auf einen auch für unseren Verband interessanten Termin hingewiesen: am 17. und 18. November findet in Berlin an der Technischen Universität eine Tagung passend zum Thema des infernum-Tages statt. Das Thema lautet „Bits & Bäume – Die Konferenz für Digitalisierung und Nachhaltigkeit“ (nähere Infos unter https://bits-und-baeume.org/de). Wir werden als Verband dort sicherlich vertreten sein.
Autor: Jörg Drewenskus